Die ferngesteuerte Zeit

Das Stück „Vater“ von Florian Zeller erzählt von André, 80 Jahre alt, Vater von zwei Töchtern, Witwer, der an Demenz leidet. Er lebt allein in seiner Wohnung in Paris und bemüht sich, seiner Tochter zu zeigen, dass er sich noch um sich selbst kümmern kann. Aber langsam ändern sich die Dinge: die Wohnung scheint anders zu sein, die Dinge sind falsch, die Zeit ändert sich ständig, ist es noch jetzt oder sind wir gerade wieder in der Vergangenheit?
Das Stück springt in der Zeit. Um dem Publikum eine Orientierung zu geben, wann in der Zeit wir gerade sind, wollte das kreative Team eine grosse Uhr über der Bühnenmitte hängen haben. Diese Uhr sollte in der Lage sein, schneller oder langsamer zu drehen, vor und zurück…

Da die Uhr aber mitten über der Bühne an einer Zugstange hängen sollte, gab es keine Möglichkeit, diese manuell zu bedienen. Also war es meine Aufgabe, eine andere Lösung zu finden.

Eine kabelgebundene Variante erschien mir v.a. wegen der langen Kabelwege nicht sonderlich praktikabel, also habe ich mich gleich in Richtung Funkfernsteuerung orientiert. Zumal mit dem Material, das ich bereits für Toto gekauft hatte, das Basisequipment für ein solches Projekt ja schliesslich bereits vorhanden war.

Eine passende Uhr zu eine akzeptablen Preis war auf ebay-Kleinanzeigen bald gefunden. Das Stück hat einen Durchmesser von ca. 70cm und war einmal eine Bahnhofsuhr. D.h. es handelt sich um eine Nebenuhr aus einer grösseren Uhrenanlage. Damit diese als Uhr funktionieren kann braucht es entweder eine Mutteruhr, oder aber eine sog. Nebenuhrsteuerung. Eine solche habe ich bei einem Anbieter in Bayern gefunden.

Nun galt es diese ganzen Zutaten zu einem fertigen, bühnentauglichen Endprodukt zu vereinen…


Die Uhr von vorne. Sieht aus, wie eine normale, grosse Uhr…


Von hinten ist zu erkennen, dass es sich nicht (mehr) um eine normale Uhr handelt. Hauptschalter und Ladebuchsen können erreicht werden, ohne das die Filzabdeckung abgenommen werden muss.


So sieht es „unter der Haube“ aus:
Unten wieder der Haupschalter, rechts die Ladebuchsen (hier mit Ladegerät daneben), in der Blechdose verstecken sich die Akkus für den Impulsgeber, der grosse Akkupack ist ausschliesslich für Motor und Servo gedacht. Unter der weissen runden Scheibe in der Mitte verbirgt sich das eigentliche Uhrwerk, links davon sieht man den Motor mit Fahrtenregler, Empfänger und „Hebe-Servo“


Hier sieht man das Herzstück der ganzen Einrichtung: links der Empfänger der Fernsteuerung, rechts das Uhrwerk. Auf die Achse mit der man normalerweise manuell die richtige Uhrzeit einstellen kann, habe ich ein Zahnrad aufgesetzt und darauf eine runde Scheibe aus Hart-PVC gesteckt. Mittels des Servos, den man vorne sieht, wird das Reibrad (Riemenscheibe mit aufgestecktem Schlauchstück) bei Bedarf auf die Scheibe gedrückt. Dann kann man die Uhr per Fernsteuerung auf die gewünschte Zeit vor oder zurück stellen. Ist das Reibrad angehoben funktioniert die Uhr ganz normal, d.h. der Minutenzeiger macht alle 60 Sekunden einen Minutenschritt.


Hier nochmal Motor und Servo aus einer anderen Perspektive.

Zum Abschluss noch ein Video:

Eine detailliertere Beschreibung des ganzen Bauprozesses findet sich auf Instructables.